Was die Germanen glaubten
Nach altem Volksglauben werden zur Mittsommerzeit Naturkräfte wach, deren Wesen und Walten dem Menschen Gefahren bringen. Wer sie bannen will und auch zu bannen weiß, darf Segen und Lohn erwarten. In dieser Nacht offenbaren die Gewässer ihre heilkräftige Wirkung vor mancherlei Krankheiten. Das Johanniswasser wehrt die Bezauberung, und besonders der in der Johannisnacht in weißem Linnen aufgefangene Tau soll, zu rechter Stunde und unter feierlichem Schweigen geschöpft, dauernde Schönheit verleihen. Uraltes Wissen verkündet, dass ein Bad zur Johannisnacht neun andere Bäder an Wirkung weit übertreffe. Vielerlei Kräuter und verborgene Pflanzen, um die Mitternachtszeit gepflückt, wurden zu Kränzen gebunden und zum Schutz gegen Unheil über die Haustür gehängt.
In der Johannisnacht, so raunt die romantische Volksseele, werden die guten Geister wach, die dem Menschen Glück verheißen. Dann blüht die blaue Blume, nur in dieser Nacht, die Wunderblume, die dem Finder nie gekannte Schatzberge öffnen wird. Reichtümer aus versunkenen Zeiten rücken in Menschennähe und tun sich durch tanzende Flammen kund.
Im Brauchtum von einst galt auch das Johanniskraut als besonders abwehrstark gegen böse Geister, wenn es geflochten um den Hals oder auf dem Hut getragen wurde. Heute hilft das aus den Blüten dieser Pflanze gewonnene blutrote Johannisöl gegen vielerlei Wehwehchen.
Zur Tradition geworden sind die weithin sichtbaren Johannisfeuer, die auf den Höhen des Frankenwaldes abgebrannt werden und deren Überspringen die Überwindung von Unglück bedeutet. Springt ein Paar gemeinsam durchs Feuer, bleibt es ein Leben lang verbunden, heißt es.