New Yorker Kunst-Skandale: Genie ist kein Freibrief
Im New Yorker Metropolitan Museum hängt ein Bild von Vermeer, das mich stets auf Neue in seinen Bann zu ziehen vermag, die anno 1657 entstandene «A Maid Asleep», deren liebliche Rötung der Wangen noch das erotische Gastspiel erahnen lässt, das Vermeer, wie die Bildlegende erklärt, später dann übermalte. Ein Mann hat soeben das Zimmer verlassen, ein im Nachhinein vertuschter Hausbesuch, den nur noch das durcheinandergeratene Tischtuch und die halb geöffnete Tür im Rücken des Mädchens verraten. Auch ein Hund, auf vielen alten Gemälden der Zeuge des leiblichen Pakts zwischen Mann und Frau, ist in diesem Akt der Übermalung des Raumes verwiesen worden.
Der Pakt zwischen Mann und Frau, den der Hund in alten Bildern symbolisiert, ist freilich zugleich der heilige Bund der Ehe. Dass Mann und Hund in Vermeers Bild womöglich nicht nur aus Gründen der Konzentration des Blicks auf die schlafende junge Frau übermalt worden sind, wurde mir erst kürzlich bei einem meiner Besuche des Bildes bewusst. Vor dem Gemälde stand eine Touristengruppe, deren Führerin mit einem schelmischen Lächeln ein Detail unterbreitete, das die Bildlegende nicht überliefert: Der gefüllte Weinkelch, der kostbare Teppich gehören gemeinhin nicht zum Ambiente, in dem eine Magd ihren Liebhaber empfängt.
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